Die tragische Liebesgeschichte von Romeo und Julia hat Legionen von Kunstlern zu eigenen Werken angeregt. Schon Ovid verarbeitete das Thema in den Metamorphosen, Luigi da Porta in Die neu entdeckte Geschichte zweier Liebender (1535), Matteo Bandello schrieb ein kurze Erzahlung daruber. Die bekannteste Literaturversion stammt aber freilich von William Shakespeare. Dessen Drama wiederum hat Kunstler unterschiedlichster Medien (Film, Fernsehen, Horfunk etc.) zu Varianten des Stoffs inspiriert. Auch im Ballett-Bereich gab es mehrere Ausdeutungen, zum Beispiel die von Eusebio Luzzi (1785) und von Bronislava Nijinska (1926). Zu den gelungensten tanzerischen Interpretationen gehoren unbestritten die von Rudolf Nureyew. Der Russe hat 1965 Sergei Prokofjews Komposition Romeo und Julia als junger Mann gemeinsam mit seiner Partnerin Margot Fonteyn noch selbst getanzt, in spateren Jahren choreographierte er das neoklassizistische Werk fur diverse Kompagnien. Die Fassung, die er fur die Pariser "Opera Bastille" erarbeitete, hat man 1995, zwei Jahre nach seinem Tod, bei einer Auffuhrung live auf Filmband festgehalten und inzwischen auf Bildtrager veroffentlicht. Das Ballett in drei Akten ist hier in einer prachtvollen, farbenfrohen Produktion mit exzellenten Tanzern zu sehen. Nureyews traditionelle Interpretation verlegt die Story der unglucklichen Liebe zuruck ins Italien der Renaissance. Die gro?artigen Kostume und Buhnenbilder sind dementsprechend der Epoche des Quattrocento nachempfunden. --Harald Kepler